Spielerei? Idee? Innovation? Weltveränderung? Oder nicht…?

Homo Faber Ludens: „der Mensch [nur] spielt, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er nur da ganz Mensch [ist], wo er spielt“ (lt. Friedrich Schiller). Spiel ist Risiko – aber spielerisch kann die Realität in einer sicheren Umgebung erprobt werden. Freies Spiel fördert Kreativität und Ideenreichtum, führt zu Neugierde und Entdeckertum – und kann knallharten Wettbewerb mit sich bringen. Alle wollen spielen. Oder zuschauen. Oder nicht?

Nur eine Spielerei – im Nachhinein lässt sich alles anders bewerten, aber hier liegt der Ursprung vieler (Sprung-) Innovationen – oder Gesellschaftsgestalter: Autos die mit Laptopbatterien fahren, eine Digitalkamera mit 0,1 Megapixeln die 3,6 kg wiegt, digitalisierte Musik die über das Telefon übertragen wird oder das erste Telefon überhaupt. Wer hätte da nicht mitspielen wollen?

Am HEED widmen wir uns dem Thema Spiel (oder Spielerei) zur Förderung von Kreativität, Innovation, Interdisziplinarität und Gründung. Für die Tagung am 5.-6. Mai haben wir (bzw. vor allem Evelyn Echle, Robert Eikmeyer und Thomas Hensel) ein Programm zusammengestellt, das Einblicke in die Wissenschaft und die Kunst des Spiels ermöglichen soll. Wir möchten für das Thema begeistern – und den Einsatz spielerischer Ansätze für den Blick über den Tellerrand einsetzen, erproben und verbreiten. Die Veranstaltung am 5.-6. Mai ist ein Startpunkt – wir sind selbst gespannt, was sich daraus entwickelt oder entwickeln wird. Kann Arbeit Spiel sein? Oder Spiel Arbeit? Und besonders freue ich mich auf die Performance „Kampf ums Spiel“ von Jonathan Meese. Als Abschluss ihn zitierend: „Los spielt endlich!“

Für alle die nicht an die Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim in der Holzgartenstraße (zwischen Stuttgart und Karlsruhe am Rande des Bläckforest im Länd) kommen können wird die Veranstaltung gestreamt – Informationen dazu folgen auf der Veranstaltungswebseite:
https://www.hs-pforzheim.de/heed/spieletagung

Sven Schimpf

Eine kurze Geschichte der Innovation in Unternehmen

Im Fraunhofer-Verbund Innovationsforschung beschäftigen wir uns mit der Zukunft der Innovation. In diesem speziellen Fall weniger, wie die Innovationen, also beispielsweise Produkte, Prozesse, Dienstleistungen oder komplette Lösungen der Zukunft aussehen werden, sondern vielmehr, wie die Innovationsaktivitäten selbst aussehen werden. Hierzu haben wir vor einiger Zeit auch einen Blick in die Vergangenheit geworfen, um besser zu verstehen, wie sich das Thema Innovation in Unternehmen bisher entwickelt hat.

Innovation existiert schon so lange wie die Menschheit. Als Innovationen können hier ebenso die ersten Werkzeuge als auch die Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens gesehen werden. Was für uns im Mittelpunkt stand, war das Management von Innovationen in Unternehmen. Die Anfänge des Umgangs mit Innovationen – und speziell die Bildung von Abteilungen oder Organisationseinheiten, die sich der Entwicklung und Umsetzung neuer Lösungen annehmen – ist im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zu verorten. Färbereien in Deutschland gehören zu den ersten dokumentierten Unternehmen mit einer eigenen Entwicklungsabteilung. Angelehnt an diesen Startpunkt haben wir in der Literatur in den Bereichen (1) Strategie, (2) Organisation, (3) Prozesse, (4) Mitarbeiter und (5) Methoden und Tools nach Schwerpunkten und Entwicklungen gesucht, in Anlehnung an die Kategorien des Fraunhofer FuE-Assessments.

Zusammengefasst finden sich die Erkenntnisse in den folgenden Grafiken. Die weitergehende Darstellung findet sich in unserem Beitrag hierzu für das Symposium für Vorausschau und Technologieplanung 2018:

Innovationsstrategie
Organisation von Innovationsaktivitäten
Innovationsprozesse
Mitarbeiter in Innovationsaktivitäten
Methoden und Tools zur Unterstützung von Innovationsaktivitäten

Neben den Entwicklungen in jedem dieser Bereiche lassen sich über die Zeit auch unterschiedliche, relativ konstante, Entwicklungstrends erkennen. Immer wird von einer steigenden Komplexität geredet. Vor einigen Jahrzehnten schwerpunktmäßig durch die steigende Wichtigkeit der Märkte, neben dem bis dahin gängigen Fokus auf Technologien. Auch die Diversität mit Hinblick auf die Einbindung unterschiedlicher Disziplinen, Kulturen und Personenkreise steigt kontinuierlich immer weiter an. Ebenso kommen neue Anforderungen hinzu und Bereiche konvergieren.

Was lässt sich mitnehmen? Die Art wie innoviert wird, ändert sich beständig. Die kommenden Generationen werden das anders machen als ihre Vorfahren. Soweit so gut. Für Unternehmen gilt es, neben dem Outcome, d.h. den zu entwickelnden Produkten, Prozessen, Dienstleistungen oder Lösungen, auch die Innovationsaktivitäten selbst regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen und zeitgemäß weiterzuentwickeln. Die Kategorien (1) Strategie, (2) Organisation, (3) Prozesse, (4) Mitarbeiter und (5) Methoden & Tools geben hierzu eine Hilfestellung – dürfen aber natürlich gerne durch jedes andere Modell des Innovationsmanagements ersetzt werden.

…und wer über das Thema Innovation die eigene Wettbewerbsposition definiert, sollte auch bei der Gestaltung der Innovationsaktivitäten selbst Raum für Experimente und für innovative Ansätze zulassen.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Zusammenarbeit. Alle Herausforderungen endlich gelöst?

Zusammenarbeit gehört zum Alltag in jedem Unternehmen, die Fähigkeit dazu wird in den meisten Unternehmen als selbstverständlich angenommen. Reibungslos funktioniert dies jedoch zwischen verschiedenen Persönlichkeiten, Disziplinen oder Sektoren eher selten. Unter dem Titel „Cracking the Code of Sustained Collaboration“ wird nun der Anspruch erhoben, dass Training zu einer Verbesserung der Lage beitragen kann.

Im Harvard Business Review von November-December 2019 werden die Ergebnisse der Forschungsarbeit von Prof. Francesca Gino der Harvard Business School vorgestellt. Was auf den ersten Blick trivial aussieht, kann in der Praxis zu erheblichem Mehrwert mit Hinblick nicht nur auf interdisziplinäre oder cross-industrielle Zusammenarbeit und Innovation führen.

Zum ersten der genannten Werkzeuge muss wahrscheinlich nicht viel hinzugefügt werden: „TEACH PEOPLE TO LISTEN, NOT TALK„. Unterstrichen wird dieser Hinweis damit, dass in Unternehmen (anscheinend) mehr Geld in die Sprachfähigkeit von Mitarbeitern als in deren „Zuhörfähigkeit“ investiert wird.

Das zweite genannte Werkzeug „TRAIN PEOPLE TO PRACTICE EMPATHY“ geht schon fast in eine ähnliche Richtung – dabei jedoch klar über das einfache Zuhören hinaus. Wer kann das schon? Sich in die Rolle eines anderen hineinversetzen oder im englischen schön mit „put yourself in someone else’s shoes“ ausgedrückt. Es geht dabei zu erkennen, was ein anderer tatsächlich fühlt und denkt. Das ist nicht immer im Einklang mit dem Gesagten. Heutzutage steht beim Thema Empathie oftmals der Kunde oder Nutzer im Mittelpunkt – für die Zusammenarbeit dagegen bezieht sich Empathie auf die Teamkollegen.

Beim dritten Werkzeug wird es deutlich schwieriger, da es sich hier um einen tiefgehenden kulturellen Eingriff handeln kann: „MAKE PEOPLE MORE COMFORTABLE WITH FEEDBACK„. Hierbei geht es sowohl um das Senden als auch um das Empfangen von Feedback, oftmals keine kleine Herausforderung unter Berücksichtigung von Hierarchien und impliziten Zielen. Regeln und auch Feedback-Coaching können helfen, die Kultur mittel- und langfristig zu verändern.

Das vierte Werkzeug befindet sich wieder auf der individuellen Ebene: „TEACH PEOPLE TO LEAD AND FOLLOW„. Wer kennt es nicht. Die tagtäglichen Muster der Zusammenarbeit in hierarchischen Mustern lassen sich selten ignorieren. Der Chef übernimmt auch die Leitung in im weniger vertrauten Arbeitsgebieten – der Mitarbeiter lässt sich auch in seinen Expertisebereichen die Richtung vorgeben. Die Kunst des Delegierens kommt hier genauso zum Tragen wie die Förderung der Verantwortungsübernahme.

Neben den anderen Werkzeugen hört sich das fünfte genannte Werkzeug nach einer Trivialität an: „SPEAK WITH CLARITY AND AVOID ABSTRACTIONS„. Insbesondere, wenn in einem Team unterschiedliche Disziplinen, Fachbereiche und Sektoren zusammenkommen ist die gemeinsame Sprache eine der größten Herausforderungen. Oft gerät dies in Vergessenheit und trägt einen nicht unerheblichen Beitrag zu Spannungen und Missverständnissen.

Das sechste genannte Werkzeug wird vermutlich den größten Anklang im Unternehmenskontext finden: „TRAIN PEOPLE TO HAVE WIN-WIN INTERACTIONS„.  Hier lässt sich ein Blick auf die Verhaltensmatrix des Schriftstellers Carlo Maria Cipolla aus seinem Buch „Die Prinzipien der menschlichen Dummheit“ kaum vermeiden. Hier werden intelligente Menschen dort eingeordnet, wo aus ihrem Handeln eigene Vorteile genauso wie Vorteile für andere entstehen.

Zusammenarbeit wird es sicherlich in Zukunft kaum weniger geben als dies heute der Fall ist. Auch das Zusammentreffen unterschiedlicher Disziplinen und Wirtschaftssektoren lässt sich für die Lösung der großen Herausforderungen und die Entwicklung radikalerer Innovationen kaum vermeiden (siehe hierzu: Fünf Thesen zur Zukunft der Innovation). Vielleicht schafft es das ein oder andere Werkzeug ja tatsächlich auf die eigene Todo-Liste?

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Studie zur Organisation des Technologiemonitoring

Technologien, besonders Informationstechnologien sind heutzutage aus fast keinem Unternehmen mehr wegzudenken. Auch in Produkten, die früher mit einem oder wenigen technischen Prinzipien realisiert wurden, halten Sensoren oder Bus-Systeme Einzug – kaum ein Produkt kommt mehr ohne IP-Adresse aus. Durch Themen wie Industrie 4.0 bzw. die sogenannte vierte industrielle Revolution wird dieses Thema voraussichtlich auch in Zukunft nicht an Bedeutung verlieren. Unsere Hypothese ist daher, dass die Relevanz des Technologiemonitoring für Unternehmen zunimmt, um über Weiterentwicklungen derzeitig eingesetzter oder auch für ein Unternehmen neuer Technologien auf dem Laufenden zu bleiben.

In der Veröffentlichung Technologiemonitoring aus dem Jahr 2010 haben wir versucht anhand von Fallbeispielen einen Überblick über ausgewählte Methoden zu geben. Natürlich nehmen die Möglichkeiten der automatischen Informationsextraktion aus dem Internet und anderen Datenquellen mit der Entwicklung der technischen Möglichkeiten beständig zu. Das Thema der automatischen Informationsextraktion aber auch organisatorische Fragestellungen, wie beispielsweise die Technologiebeobachtung mit der Vor- oder Produktentwicklung in Einklang gebracht werden, untersuchen wir derzeit im Forschungsprojekt SyncTech, u.a. mit den Unternehmen Festo, Kärcher und Eisenmann. Ein weiteres Thema, dass uns in diesem Rahmen umtreibt, ist die Organisation des Technologiemonitoring. Oft ist eine strukturierte Technologiebeobachtung das Privileg größerer Unternehmen – aber auch in kleineren Unternehmen gibt es explizite oder implizite Verantwortlichkeiten. Hierzu können sowohl Markt- bzw. Kundennahe Einheiten, die vorwiegend derzeitig eingesetzte Technologien bei Kunden und Wettbewerbern berücksichtigen, als auch technologiegetriebene Einheiten wie Entwicklungsabteilungen, die mit Universitäten, Forschungseinrichtungen oder Entwicklungspartnern kooperieren, auf verschiedensten Unternehmensebenen eingebunden sein. Um Zusammenhänge sowie deren Einfluß auf den Unternehmenserfolg weiter zu analysieren, führen wir derzeit im Rahmen des Projektes eine Studie zur Organisation des Technologiemonitoring durch.

Über die Teilnahme interessierter Unternehmen würden wir uns sehr freuen – natürlich wird den Teilnehmern eine Zusammenfassung der Ergebnisse zur Verfügung gestellt.

UPDATE: Die Studie ist nicht mehr aktiv – bei Interesse an den Ergebnissen können Sie mich gerne kontaktieren.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Kunst und F&E: vom klassischen Erfinder zum Team

Dem Vorbild der Industrialisierung folgend und natürlich aufgrund steigender Komplexitätsgrade von Produkten und Technologien wird die Forschung und Entwicklung immer weiter in kleinste Teilbereiche untergliedert. Der klassische Erfinder existiert kaum mehr, geschweige denn, Idole die Erfindergeist und Kunst in einer Person integrieren. Oder?

Leonardo DaVinci ist mit Sicherheit die meistgenannte Person als Beispiel für die Integration von Kunst und Erfindergeist. Auf der einen Seite stand die Entwicklung von innovativen mechanischen Systemen oder Fluggeräten, auf der anderen Werke wie die weltbekannte Mona Lisa mit einer unbeschreiblichen künstlerischen Ausdrucksform. Zu seiner Zeit war es der Standard künstlerische und technische Fähigkeiten in einer Person zu vereinen. Eine neue Aktualität erhält das Thema durch legendäre Persönlichkeiten der Neuzeit wie Steve Jobs die erneut den Anspruch erheben Kunst und Technologie zusammenzubringen – in diesem Fall durch die Kombination von Technologie und Design. Dieses Thema wird auch in Steve Jobs Biographie von Walter Isaacson des Öfteren aufgegriffen.

Auch wenn sich Kunst und F&E oftmals im Ergebnis überschneiden besteht ein wesentlicher Unterschied im Entstehungs- bzw. Entwicklungsprozess. Während die Forschung und Entwicklung einem rationalen und strukturieren Prozess folgt um Ergebnisse zu erzielen die nachvollziehbar und logisch sind entsteht Kunst eher durch emotionale und subjektive Vorgehensweisen (Schimpf, S. and Sturm, F.,2010, angepasst von Tether, 2005):

Wie kann man also die unterschiedlichen Prozesse zwischen Kunst und F&E überbrücken um emotionale Produkte zu entwickeln?  Aus Perspektive von Designern ist die Antwort recht klar: Design Thinking ermöglicht die Kombination von Funktion und Ausdruck durch einen design- und kundenorientierten Entwicklungsprozess. Dies wird in zahlreichen Publikationen von Firmen wie IDEO und Frog Design dargestellt (z.B. „Change by Design“ von Tim Brown oder Disrupt“ von Luke Williams). Eine stärkere Einbindung von Designern und designorientieren Methoden in die F&E ist mit Sicherheit für viele Unternehmen nicht von Nachteil und kann dazu beitragen, dass übliche Problemlösungsansätze hinterfragt und „disruptive“ Ansätze entstehen können.

Viel wichtiger jedoch für die Integration von Kunst und Erfindergeist sind Strukturen, Prozesse und Methoden die eine bessere Zusammenarbeit zwischen Vertretern verschiedener Fachrichtungen ermöglichen. Die Rolle des klassischen Erfinders und damit die Integration von Kunst, Design und F&E lässt sich heutzutage nur durch ein Team aus verschiedenen Disziplinen bewerkstelligen. Die Herausforderung liegt darin, dieses Team mit einem gemeinsamen Ziel auszustatten und die richtige Arbeitsumgebung zur Verfügung zu stellen damit dieses Ziel erreicht werden kann.  Anstatt wie in der Vergangenheit alle Fähigkeiten in einer Person zu vereinen sind Einzelpersonen wie Steve Jobs hierzu unerlässlich um verschiedene Standpunkte zusammenzubringen, Prioritäten zu setzen und die Dinge „richtig“ zu machen.

Sven Schimpf

Finden faule Mitarbeiter einfachere Lösungen für schwierige Aufgaben?

Ein sehr schöner Kurzfilm (Stoptrick; Regie:  Kathrin Albers, Jim Lacy und Nils Hartlef; 2007) der das Peter Prinzip eindrucks- und humorvoll erklärt. Für das F&E Management sollten vor allem die folgenden Aussagen berücksichtigt werden:

  • …weil faule Mitarbeiter einfachere Lösungen für schwierigere Aufgaben finden“ (1:56)
  • …weil die Effektivität eines Teams nachweislich steigt, wenn die Team-Mitglieder sich gegenseitig nicht leiden können“ (2:11)

Unser bisheriger Erfahrungsschatz zur Auswahl von Projekt-Teams bzw. zu den Erfolgsfaktoren für die Lösung schwieriger Aufgaben konnte durch diese Aussagen maßgeblich ergänzt werden…

Sven Schimpf

Forschung und Entwicklung in Emerging Markets

Emerging Markets bzw. die BRIC  Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) spielen für die globale Wirtschaft eine immer wichtigere Rolle. Nach einem anfänglichen Fokus auf die Produktion steht nun auch die Forschung und Entwicklung im Zentrum der Diskussion über eine Verlagerung bzw. einen Aufbau von Standorten in diesen Staaten. Durch spezielle Anforderungen und Schwierigkeiten müssen in dieser Diskussion Aspekte berücksichtigt werden, die über die bisherige Debatte einer Internationalisierung der Forschung und Entwicklung hinausgehen.

Warum Forschung und Entwicklung  in Emerging Markets?

Weshalb sollte ein erfolgreiches Unternehmen eine Forschung und Entwicklung in Emerging Markets aufbauen? Vom persönlichen Faible verantwortlicher Mitarbeiter bis hin zur strategischen Notwendigkeit gibt es zahlreiche Gründe. Kurz überschlagen gehören hierzu sicherlich die Folgenden:

  • Kunden- und Marktnähe: Entsprechend den Grundsätzen zum Aufbau einer internationalen FuE ist die Kundennähe ein wesentlicher Beweggrund für den Eintritt bzw. den Erfolg in Emerging Markets. Im Vergleich zu den bestehenden westlichen Märkten sind die Wachstumsraten in den Emerging Markets oft höher und vielversprechender.
  • Nähe zu Produktionsstätten, Lieferanten und Entwicklungspartnern: Der Wissenstransfer zwischen Forschung und Entwicklung und Produktionsstätten, Lieferanten oder Entwicklungspartnern ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Entwicklung neuer Produkte, Prozesse und Dienstleistungen. Trotz der weitgehenden Verbreitung verschiedenster Kommunikationsmöglichkeiten spielt die räumliche Nähe nach wie vor eine wichtige Rolle für diese Art des Transfers.
  • Direkte Kosteneinsparung: Der in der Regel recht hohe Anteil an Personalkosten in der FuE erlaubt die Reduktion der direkten (Personal-)Kosten für FuE Aktivitäten durch die Verlagerung in Emerging Markets. Durch die wachsende Verfügbarkeit hochqualifizierter Hochschulabgänger geht die Verlagerung unterdessen weit über die Ausführung von Standardaufgaben hinaus.
  • Indirekte Kosteneinsparung: Durch die Entwicklung angepasster (reduzierter) Lösungen in Emerging Markets (auch bekannt als „Low-Cost Innovation„, „Reverse Innovation„, „Frugal Innovation„, „Constraint-Based Innovation„, „Downgrading“ oder „Good-Enough Products„)  Kosteneinsparungen in der Produktion, im Vertrieb oder sonstigen Stufen der Wertschöpfungskette führen können.
  • Zugang zu speziellen FuE-Kompetenzen: Forschung und Entwicklung in Emerging Markets kann den Erwerb spezieller technologischer oder marktrelevanter Kompetenzen, die im Stammland nicht, oder nur begrenzt zur Verfügung stehen ermöglichen. Dies kann auch die Überbrückung von regionalen Kompetenzengpässen beinhalten.

Der Enthusiasmus über neue Chancen von Forschung und Entwicklung in Emerging Markets darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese ähnlichen Erfolgsfaktoren unterliegt wie an jedem anderen Standort. Ohne beispielsweise eine langfristige Planung und die strategische Konsistenz des Vorhabens bringen auch die besten Gründe nicht viel im Bezug auf den erfolgreichen Aufbau einer Forschung und Entwicklung in Emerging Markets.

Herausforderungen und Schwierigkeiten

Dass es sich bei dem Aufbau einer Forschung und Entwicklung in Emerging Markets um keine leichte Aufgabe handelt, können wahrscheinlich die meisten, die mit einer solchen Aufgabe beschäftig waren, bestätigen. Über die generellen Erfolgsfaktoren des FuE-Management hinaus tauchen in zahlreichen Fallbeispielen weitere Herausforderungen und Schwierigkeiten auf:

  • Kultur- und Strukturunterschiede: Eine der meist unterschätzten Herausforderung ist die Überwindung kultureller Unterschiede. Dies beinhaltet sowohl kulturell bedingte Verhaltensmerkmale und gesellschaftliche Regeln als auch Unterschiede in Infrastruktur und Gesetzgebung. Viele Randbedingungen, die in westlichen Ländern als Status Quo etabliert sind, gelten in Emerging Markets nicht in gleichem Maße.
  • Wissensabwanderung: Durch die Notwendigkeit, Wissen der Forschung und Entwicklung an Mitarbeiter und ggf. Entwicklungspartner weiterzugeben, kann erfolgskritisches Wissen im Stammhaus verloren gehen bzw. über Mitarbeiterfluktuation in den Emerging Markets verbreitet werden.
  • Produktpiraterie: Oftmals sind Produkte und Dienstleistungen nicht in der gleichen Form vor der Nachahmung geschützt wie in westlichen Ländern. Insbesondere für den Einsatz in Emerging Markets kann durch Produktpiraterie sowohl das Image des Unternehmens als auch die Marktposition leiden. Eine neuartige Sichtweise auf das Thema Produktpiraterie ist es jedoch, diese auch für die Weiterentwicklung der eigenen Produkte und zur Identifikation spezieller Marktanforderungen zu nutzen.

Entgegen der Angst vor einer generellen „Auswanderung“ der Forschung und Entwicklung steht die Tatsache, dass Komponenenten für die in Emerging Markets entwickelten und hergestellten Produkte oft aus westlichen Ländern stammen. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür ist der Tata Nano bei dessen Herstellung Komponenten oder Produktionsanlagen von bspw. Bosch, Continental, Dürr oder Freudenberg eingesetzt werden. Die Wahrheit für die globale Verteilung der FuE befindet sich wohl auch in Zukunft irgendwo zwischen den Extremen. Der derzeitige „Hype“ um die Emerging Markets liefert in jedem Fall geeignete Randbedingungen für das Abenteuer „FuE in Emerging Markets“.

Weitere Informationen:
Kostenloser Special Report der Zeitschrift The Economist vom 17. April 2010 zum Thema „Innovation in Emerging Markets„.
Das im Gabler Verlag erschienene Buch mit dem Titel „Industrielle Forschung und Entwicklung in Emerging Markets in dem zahlreiche Fallbeispiele aus der Praxis dargestellt werden.

Sven Schimpf

Webbasierte Open Source-Kollaborationsplattformen

Unternehmenskooperationen gehören inzwischen zum alltäglichen Bestandteil der Forschung und Entwicklung. Der weitaus größte Teil der deutschen mittelständischen Unternehmen arbeitet in Netzwerken zusammen oder erklärt sich grundsätzlich dafür offen. Durch die erhöhte Anzahl der Kooperationen sind auch die Anforderungen an das FuE-Management gestiegen. Eine Kooperation an sich ist noch kein Wettbewerbsvorteil, vielmehr müssen mit dem Organisationsmodell adäquate Methoden und Werkzeuge einhergehen, damit die möglichen Vorteile einer Kollaboration auch zum Tragen kommen.

Die Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien spielen dabei eine besondere Rolle: Diese Werkzeuge können die unternehmensübergreifenden Kooperationen zum Teil erheblich erleichtern bzw. sogar neue Netzwerkvarianten möglich machen. Das bekannt gewordene Motto moderner Organisationsmodelle »Zelte statt Paläste« verdeutlicht dabei auch die Anforderung an die unterstützenden Werkzeuge: Sie müssen schnell aufzusetzen, flexibel anpassbar und gegebenenfalls auch rasch wieder aufzulösen sein. Für derart dynamische Einsatzgebiete eignen sich Open Source-Kollaborationsplattformen als unterstützende Werkzeuge, die ohne großen Arbeits- und Mittelaufwand an individuelle Arbeitsumgebungen angepasst werden können.

Die Studie »Webbasierte Open Source-Kollaborationsplattformen« des Fraunhofer IAO hilft dabei den Überblick über verschiedene Lösungen zu behalten. Darin sind 17 Open Source-Lösungen dargestellt und deren Einsatzbereiche bezüglich Kommunikation, Projektmanagement, Informations- und Datenmanagement und administrativen Funktionen bewertet.

Weitere Informationen:
Download der Studie

Sven Schimpf